Sonntag, 19. Juni 2016

SPÄTE GEGEND



Zu Kaiserschmarrn kann ich mir kaum Besseres vorstellen als karamellisierten Zwetschkenröster. Aber warum nicht mal eine Frühlingsversion davon probieren, solange es noch Hollerblüten und Rhabarber gibt? Das heißt: Holunderblüten in den Kaiserschmarrn, dazu karamellisierten Rhabarberröster.
Letzterer hat definitiv das Zeug zur künftigen Kaiserschmarrnlieblingsbeilage - die kräftigte Säure des Rhabarbers harmoniert toll mit dem Karamellgeschmack, warum bin ich da nicht schon früher drauf gekommen? Nächste Woche werde ich noch gschwind ein paar Gläser als Wintervorrat einkochen!



Und weil das Mühlviertel eine ziemlich "späte Gegend" ist, konnte ich gestern - nach einer ersten, gemütlichen Schwammerlwanderung (mit Zwischenstopp zwecks Walderdbeerenverkostung) - als nachmittägliches Gutzi noch gebackene Hollerblüten servieren.

Überhaupt ist es derzeit oben im Mühlviertel wirklich wunderschön. Meine Duftrose Fantin Latour biegt sich bis zum Boden, so viele Blüten trägt sie (Rosengelee! Rosensirup! Rosenwasser!). Rittersporn, Bartnelken und Pfingstrosen stehen ebenfalls in voller Blüte und sind heuer fast nicht von Schnecken benagt, der riesige Lavendelbusch duftet bis in unser Schlafzimmer  - am liebsten bliebe ich jetzt einige Tage hier ...




Kaiserschmarrn mit Hollerblüten
für 4 Personen

200 ml Milch
120 g Weizenmehl, glatt
1 gehäufter EL Sauerrahm
4 Eiweiß
4 Eigelb
2 Eier
1 kräftige Prise Salz
120 g Zucker
Butterschmalz
eine große Handvoll abgezupfter Hollerblüten
Staubzucker


Backrohr auf 220 Grad vorheizen. Mehl mit Milch und Salz glatt rühren. Die Eiweiß mit dem Zucker zu festem Schnee schlagen. Sauerrahm zur Milchmischung geben, dann die zwei ganzen Eier, die vier Eidotter und die Hollerblüten unterrühren. Zum Schluss den Eischnee vorsichtig unterheben. Etwas Butterschmalz in einer großen, ofenfesten Pfanne erhitzen. Die Masse hineingleiten lassen. Etwa zwei bis drei Minuten anbacken lassen.

Die Pfanne in das vorgeheizte Backrohr stellen und für etwa eine Viertelstunde backen. Aus dem Ofen nehmen, vierteln. Je ein Viertel auf einen Teller gleiten lassen und mit zwei Gabeln grob zerreißen. Mit (viel) Staubzucker bestreuen und mit karamellisiertem Rhabarberröster servieren.


Karamellisierter Rhabarberröster 
für 4 Personen

1 kg Rhabarber, vorzugsweise rote Stangen, die sind etwas weniger sauer
300 g Zucker (bei Zwetschen nimmt man viel weniger Zucker, aber Rhabarber ist wirklich sehr sauer)
1 Stange Zimt
1 Stamperl guter Rum

Den Rhabarber schälen und in grobe Stücke schneiden. Den Zucker in einem Topf karamellisieren. Sobald er flüssig ist, die Rhabarberstücke in den Topf geben. Der Zucker wird sofort fest, aber das macht nichts. Die Zimtstange zufügen, die Hitze etwas zurückschalten, den Topf zudecken und alles so lange köcheln lassen, bis sich der Zucker wieder aufgelöst hat, etwa 15 Minuten.


Gebackene Hollerblüten
für 2 Personen

pro Person 3 - 5 Hollerblütendolden mit Stiel (sorgfältig von Tierchen befreit, nicht gewaschen!)

250 ml Milch
2 Eier
1 EL Zucker
1 EL guter Rum
1/2 TL Salz
200 g glattes Mehl (Weizenmehl ist ok, aber am knusprigsten wird's mit Reismehl)

Butterschmalz
Zimtzucker zum Bestreuen

Milch mit Eiern, Salz, Zucker und Rum gut verrühren und mit dem Mehl zu einem Teig verrühren. Den Teig etwa 30 Minuten rasten lassen.
Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen. Die Blütendolden in den Teig tauchen. Ins heiße Butterschmalz geben und etwas andrücken. Knusprig braun backen. Auf Küchenpapier etwas entfetten, dann mit Zimtzucker bestreuen und sofort servieren.

Sonntag, 12. Juni 2016

HANNIBAL LECTER UND ICH


" ... ich genoss seine Leber mit ein paar Fava-Bohnen, dazu einen ausgezeichneten Chianti." Jeder der "Das Schweigen der Lämmer" gesehen hat, wird sich an dieses Zitat von Dr. Hannibal Lecter erinnern.

Ich hatte ja auf den Speisekarten der andalusischen Tapas-Bars immer einen Bogen um alles mit Bohnen gemacht: Bohnen kenn ich, ess ich auch ganz gern, aber hey, Spanien: Das ist Jamón, das sind Fischerl, das sind Croquetas, Boquerones und Albondigas.
Als wir aber an einem - wie fast immer - verregneten Abend in der total gemütlichen Bar Gonzalez in Lanjarón saßen und einen Teller Schinken vor uns hatten, ermunterte mich unser spanischer Freund, doch mal Habas salteadas con Jamón zu probieren.

Seitdem hab ich eines mit Hannibal Lecter gemeinsam: Ich mag frische Fava-Bohnen. Total gerne. Die jungen, zartgrünen Bohnen schmecken süßlich, grasig, mit einem Hauch Bitterkeit. Sie schmeckten mir so gut, dass ich den Schinken auf dem Teller ziemlich vernachlässigte, und das will bei mir was heißen ...

Das Rezept ist watscheneinfach, ich muss allerdings dazu sagen, dass hier bei uns die Fava-Bohne (auch Pferde-, Puff-, oder Ackerbohne genannt) ihrem ebenfalls gebräuchlichen Namen Saubohne zumindest in einer Hinsicht alle Ehre macht: Sie ist sauteuer! Für ein Kilo der Schoten zahlte ich über acht Euro. Wenn man dann die kleinen, zartgrünen Kerne aus den Schalen pult, diese weiters blanchiert, um die sie umhüllende Haut (ist zäh!) auch noch zu entfernen, dann bleiben von diesem Kilo maximal 250 Gramm übrig - was einen effektiven Kilopreis von über 30 Euro ausmacht!

Die riesigen Schoten sind etwa 20 Zentimeter lang und innen ganz flauschig


Habas salteadas con Jamón
Gedünstete Saubohnen mit Schinken (ich hab Speck verwendet)
Vorspeise für 2 Personen

1 kg Saubohnen in der Schote (ergibt etwa 250 g Bohnen)
1 große weiße Zwiebel, fein gehackt
2 Scheiben Bauchspeck, in kleine Würferl geschnitten
Salz, Pfeffer


Die Saubohnen aus den Schoten pulen. Die Bohnenkerne in kochendem Wasser vier Minuten blanchieren. Abseihen. Die Bohnen mit dem Fingernagel anritzen und aus der Haut drücken (die Haut ist zäh und schmeckt nach nichts).

In einer heißen Pfanne die Speckwürferl knusprig braten. Die gehackte Zwiebel dazugeben und bei mittlerer Hitze braten, bis sie weich sind. Die Bohnen dazugeben und ein paar Minuten mitbraten. Mit Salz und Pfeffer abschmecken - fertig! Eine einfache Delikatesse, die nicht mehr braucht, keine zusätzlichen Gewürze, einfach nur diese drei Zutaten.

Dazu passt (natürlich) ein ausgezeichneter Chianti, wir entschieden uns für einen Campriano von Ranuccio Neri. Leber könnte ich mir übrigens auch sehr gut zu den Bohnen vorstellen, für uns allerdings eher vom Kalb ...


Sonntag, 5. Juni 2016

FISCH UND FLEISCH

Ich fang mal mit dem Fleisch an. Genauer gesagt mit dem Schinken. Noch genauer: Jamon Iberico de Bellota. Das ist für mich der beste Schinken der Welt. Was ich durch jahrelanges Schinkenverkosten festgestellt habe (Die Italiener mögen es mir verzeihen ...)

Die Bellota-Schweine haben es sehr viel besser als die meisten Schweine in unseren Breiten. Sie werden in Kork- und Steineichenhainen, sogenannten Dehesas gehalten, wo sie mit Eicheln gefüttert werden. Dadurch bekommt der  Schinken sein herrlich nussiges Aroma, das man so bei keinem anderen Schinken findet. Es ist ein schöner Anblick, die fast schwarzen Tiere zwischen den knorrigen Bäumen friedlich durchs Gras streifen zu sehen (die Schweine haben paradiesisch viel Platz: Jedem Tier steht etwa ein Hektar Weidefläche zur Verfügung).

Die Herstellung dieses einzigartigen Schinkens hingegen läuft in Betrieben ab, in denen es so klinisch sauber zugeht, dass man annehmen könnte, hier würden elektronische Bauteile hergestellt - wenn nicht ein unvergleichlich zarter, nussiger Duft in der Luft liegen würde. Wir hatten das Glück (durch die Vermittlung unserer spanischen Freunde), so einen Betrieb besichtigen zu können. Die Firma Dehesa de Campo Alto der Familie Adell liegt im Gebiet Los Pedroches nördlich von Córdoba. Direktor Fernando Adell Marti führte uns durch seinen Betrieb - unterstützt von Jesús Serrano, der seine Leidenschaft für Schinken (kein Wunder bei diesem Namen!) zum Beruf gemacht hat. Er unterrichtet Gastronomen, aber auch Privatleute, in der Technik des richtigen Schinkenschneidens.

In Spanien ist es nämlich durchaus üblich, dass man so einen Schweinevorder- oder -hinterfuß zuhause (eingespannt in einen Schinkenständer) hat und täglich ein paar Scheibchen heruntersäbelt (dass das gar nicht so einfach ist, weiß ich, seit wir mal vor einigen Jahren so einen Haxen als Geschenk bekommen hatten). Und in einer guten spanischen Bar ist es sowieso Standard, mindestens einen guten Schinken anzubieten.

Links im Bild Jesús Serrano, rechts Fernando Adell Marti
Aber zurück zur Schinkenfabrik der Familie Adell. Dort werden die Schinken der Tiere, die auf den zum Betrieb gehörenden Dehesas Eicheln geschmaust haben, zuallererst eingesalzen und in Kühlräumen bei etwa 4 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit etwa 14 Tage (Faustregel: 1 Tag pro Kilo Fleisch, wobei ein frischer Hinterfuß etwa 15 Kilo schwer ist) aufbewahrt. Anschließend wird das Salz heruntergewaschen und der Schinken durchläuft einen Trocknungsprozess, der mehrere Jahre dauert. Dabei wird er bei unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit und unterschiedlichen Temperaturen (beginnend bei 4 Grad und allmählich ansteigend, wobei die Luftfeuchtigkeit langsam immer weniger wird) getrocknet und reift dabei langsam zu einer einzigartigen Deilkatesse heran.

Auch nach der Besichtigung der Fabrik waren wir mit dem äußerst sympathischen und sehr eloquenten (unsere spanischen Freunde kamen mit dem Übersetzen für mich kaum nach) Jesús unterwegs, besichtigten noch einen kleineren Schinkenproduzenten und gingen anschließend in Villanueva de Córdoba zum Restaurant Puerta Falsa essen. Da uns Jesús zum Abschluss auch noch sein gerade erschienenes Buch "Corte y presentación del jamón y la paleta" schenkte, kann es nicht mehr lange dauern, bis auch ich Schinkenschneideprofi bin. Und wer Jesús in Aktion sehen will, hier ein Videoclip.







Und jetzt zum Fisch. Der Fisch ist in diesem Fall Thunfisch. Das ist einerseits etwas heikel, weil der Thunfisch massiv überfischt ist. Anderseits aber hat der Thunfischfang von Barbate mit der Almadraba eine jahrtausendalte Tradition. Und es steht fest, dass das den Beständen der Fische über diese Jahrtausende nicht geschadet hat.

Die Fischer von Barbate verwenden zum Fangen der Thunfische Netze, die so große Maschen haben, dass damit nur Fische mit einem Gewicht von mindestens 70 Kilogramm gefangen werden, da sie wissen, dass das Verschwinden des Thunfischs für sie weitreichende Folgen haben würde. So fordern auch sie eine verstärkte Überwachung der Fangquoten, weil diese durch illegalen Fang immer wieder unterlaufen werden.
Die Almadraba von Barbate findet nur im Mai und Juni statt. Die gefangenen Fische werden innerhalb von zwei Stunden zerlegt und bei minus 60 Grad tiefgefroren.


Auch wir haben im Restaurant El Campero noch Thunfisch vom Fang 2015 gegessen ... und er war fantastisch. Ich habe wirklich noch nie so guten Fisch gegessen!
Die Karte ist ganz auf den Atun Rojo zugeschnitten, von dem - ähnlich wie in unserer Wiener Rindfleischküche - unzählige Teile angeboten werden. Während ich von Vetresca zumindest schon gehört hatte, waren mir Bezeichnungen wie Morillo, Solomillo, Cola negra, Cola blanca, Tarantelo oder Ijada völlig neu. Zur Vorspeise gab's rohen Thunfisch, zur Hauptspeise zart gebratene, innen aber noch rosafarbene Stücke. Gut, dass ich so weit weg von Barbate wohne - ich weiß nicht, wie oft ich dieses Restaurant ansonsten besuchen würde ...

In ein paar Tagen gibt es hier wieder was zu essen, es würde mich nicht wundern, wenn es wieder etwas Spanisches wird ...